D 20 - FALSCHER VERDACHT - Wird überarbeitet !

 

 

Im Abschnitt D 20 und den ff. U-Ordnern geht es um Fälle, in denen Menschen auf Grund eines falschen Verdachts in das Visier der Ermittlungsbehörden gerieten

 

01. Die schlechte Botschaft vorweg

 

Falsche Verdächtigungen, Fehlurteile und Ermittlungsfehler werden wir nie gänzlich aus der Realität verbannen können, das ist sicher. Ich gehe allerdings davon aus, dass 80 bis 90 % der rechtsstaatlichen Fehlleistungen vermieden werden könnten wenn die Behörden und Gerichte korrekt arbeiten würden.

 

Obwohl das weite Spektrum der Kriminalwissenschaften inzwischen ein fast grenzenloses Arsenal an wissenschaftlichen Methoden anbieten kann hat die Zahl der Fehlurteile und falschen Urteile nicht abgenommen. Immer öfter bin ich auch auf Fälle gestossen, in denen sehr lang anhaltend Ermittlungen gegen Personen geführt wurden, die absolut nichts mit der vorgeworfenen Tat zu tun hatten.

 

Immer häufiger gelingt es allerdings auch tatsächlichen Tätern durch die Maschen des gesamten Ermittlungsapparates zu schlüpfen. Es läuft also offensichtlich etwas falsch. Ich erwähne das an dieser Stelle aber nur als Hinweis. In diesem Kapitel dreht sich alles um den "falschen Verdacht".

 

Ich könnte an dieser Stelle eine Unzahl von Fehlern und Schwachstellen auflisten, durch die Strafverfahren aus dem Ruder laufen, zum Nachteil von Nichttätern oder zum Vorteil tatsächlicher Täter.

 

Ein überlagerndes Problem ist die "Inhomogenität" der Strafrechtspflege. Polizei, Staatsanwaltschaft und Gerichte ziehen nur scheinbar am selben Strang. Da stören Eitelkeiten, Machtgehabe und andere Eiertänze die neutrale und sachgerechte Zusammenarbeit teilweise so sehr, dass die eigentliche Arbeit oft durch Grabenkämpfe ersetzt wird. Die dadurch entstehenden Lücken werden durch Kungelei, Kumpanei und Kameraderie gestopft, dabei bleibt aber immer der Rechtsstaat auf der Strecke.

 

Die Grundursachen werden durch unser völlig veraltetes Strafprozessrecht  und das ganze System der Strafrechtspflege gesetzt. Unsere Strafprozessordnung (StPO) basiert in wesentlichen Elementen noch auf der "Neufassung der Strafprozessordnung vom 01.02.1877". Die Anforderungen, Bedingungen und Möglichkeiten im Bereich der Strafrechtspflege haben sich seitdem zigmal gewandelt, eine Anpassung erfolgte aber nicht.

 

Was aber noch viel schlimmer ist: Die Denk- und Gedankenstrukturen innerhalb der Polizei, der Staatsanwaltschaft und der Strafgerichte, nicht zu vergessen in der Rechtsanwaltschaft, sind so verknöchert, dass jeder Reformansatz sofort erstickt wird. Eher wird der Papst Mormone als das sich diese Strukturen ohne äusseren Druck ändern werden. Dieser Zustand wird allerdings auch in allen politischen Lagern heiss geliebt, weil das bisherige System beste Voraussetzungen für alle nur erdenklichen "zweckdienlichen Manipulationen" bietet.

 

Viele juristische Laien fordern ja schon lange die völlige Unabhängigkeit bzw. Weisungsfreiheit für Staatsanwälte. Ich sage gleich vorweg: Diese Forderung ist kalter Kaffee, die Staatsanwaltschaften sind schon lange unabhängig: "Von den Gesetzen, von allen rechtsphilosophischen Grundlagen und den Zielen, die durch ihre Arbeit gewährleistet werden sollen. Da muss viel mehr passieren damit wir eine effiziente und gleichzeitig rechtsstaats-konforme Strafverfolgung garantieren können. Dazu gehört auch eine völlig neue Strukturierung der Aufgaben aller beteiligten Behörden und Gerichte. Dadurch würde es auch leichter, die "fahrlässigen und vorsätzlichen Versager" im System der Strafrechtspflege zu identifizieren und ggf. zur Verantwortung zu ziehen. Ausserdem würde der Arbeitsaufwand stark verringert und viel Geld gespart.

 

Ich habe bereits Anfang der 1980er Jahre erkannt, dass durch das bestehende System der Strafrechtspflege der Rechtsstaat eher ausgehöhlt als gestützt und geschützt wird. Die Folgen registriere ich seit langer Zeit: Die Rechtssicherheit zerbröselt zusehends und der Rechtsfrieden wird durch die inzwischen unübersehbare Rechtsverwahrlosung immer stärker gestört. Das geht nicht mehr lange gut.

 

02. Nun die gute Botschaft

 

Man kann durchaus grundlegende Änderungen herbeiführen, die Effizienz steigern und viel Geld einsparen. Vor allem aber könnten wir dadurch erreichen, dass die Bürger wieder sicherer leben können.

 

Ich habe die vielen Schwachstellen in der Praxis sehr gut studieren können und deshalb ein völlig neues System entwickelt. Als ich meine ersten Thesen Anfang der 1980er Jahre gelegentlich einbrachte, da gab es viele entsetzte Gesichter. Vor allem deshalb, weil viele beliebte (aber kritische) Machtpositionen radikal entschärft würden und weil auch die gefährlichsten Manipulationsmöglichkeiten und Korruptions-Mechanismen ausgeschaltet würden. Das stand auch im Manuskript eines meiner Bücher. Das sollte 1994 veröffentlicht werden, wurde mir aber zweimal gestohlen.

 

Ich will aber an dieser Stelle nicht näher darauf eingehen, das würde den Gedankenfluss im vorliegenden Thema zu sehr stören. Im Kapitel Strafrecht werde ich auch meine Reformvorschläge darstellen. Hier wird dann ein interner Link erscheinen.

 

Dieses Thema hat ohnehin schon unendlich viele Facetten. Deshalb schien es mir angebracht, eine erweiterte Einführung voranzustellen. Schon der folgende zentrale Knackpunkt wird das nachvollziehbar machen.

 

03. Es fehlen verlässliche Informationen

 

Die Rankingwerte bezüglich der öffentlichen Wahrnehmung lassen eindeutig erkennen: Wer  bisher weder unmittelbar noch mittelbar durch einen falschen Verdacht in eine Krisensituation verwickelt wurde geht offensichtlich völlig unwissend und gefährlich arglos mit dieser Thematik um. Das führt zu vielen Fehleinschätzungen und Vorurteilen. Die Neugier ist zwar immer mal wieder gross, wenn ein besonders krasser Fall bekannt wird, aber ein nachhaltiges Interesse besteht nicht.

 

Grundsätzlich überrascht mich das auch nicht sonderlich.  Die meisten Bürger, quer durch alle Gesellschaftsschichten, ignorieren ja auch andere wichtige Themen. Selbst höchst brisante Gesundheits- und Umweltinformationen, die eigentlich "roten Alarm" bei jedem Bürger auslösen müssten, erreichen das Hirn vieler Mitmenschen nicht.

 

Spannend wurde es für mich erst als ich im Rahmen verschiedener Vergleichsanalysen feststellte, dass das Desinteresse am vorliegenden Thema absolut nicht im Einklang mit anderen konvergierenden gesellschaftlichen Prozessen steht.

 

Als Parameter boten sich besonders folgende Themen an:

 

  • Die Staats- und Politikverdrossenheit.
  • Das verbreitete Misstrauen gegenüber den Sicherheitsbehörden (Polizei und Verfassungsschutz z. B.), den Staatsanwaltschaften und Gerichten.

 

Diese Phänomene wuchern  ja bereits seit Jahrzehnten durch alle Bevölkerungsschichten. Sie haben teilweise schon pathologische Formen angenommen. Mich interessierte besonders, ob in den Kreisen, in denen diese Themen ständig diskutiert werden, auch ein gesteigertes Interesse an den konkreten Auswüchsen rechtswidrigen staatlichen Handelns vorhanden ist. 

 

Das Ergebnis war mehr als irritierend. Besonders Personen aus den Kreisen, die sich ständig bespitzelt fühlen, die praktisch keiner einzigen staatlichen Institution mehr trauen, waren diejenigen, die am ehesten Menschen misstrauten, die tatsachenwidrig einer Straftat verdächtigt worden waren. Von solchen Personen kamen überzufällig häufig Sprüche wie: "Wo Rauch ist da muss auch Feuer sein", "die Polizei sucht sich doch nicht einfach einen aus und verdächtig ihn ohne Grund…".

 

Das ist das Ergebnis einer wiederholt durchgeführten mehrspurigen Beobachtungsreihe, die in rund 30 Jahren zu diesen Erkenntnissen führte.  Auch die Medienauswertung ergibt das gleiche Bild. Wenn man diese Erkenntnisse mit einbezieht, dann kann man sich das Desinteresse an diesem Thema schon nicht mehr so richtig erklären.

 

Insgesamt konnte ich feststellen, dass dieses Thema für die Mehrzahl  der Bürger keinen besonderen "Reizfaktor" darstellt. Begründet wurde das regelmässig so: "Das passiert doch so selten, da muss man schon grosses Pech haben" oder "Darüber wird ja selten berichtet".

 

04. Der zentrale Irrtum

 

Die meisten Menschen glauben offensichtlich man könne eher 3-mal hintereinander 6 Richtige im Lotto haben als Opfer eines falschen Verdachts zu werden. Das ist ein absoluter Irrglaube. Er beruht zweifelsfrei nur darauf, dass es kaum Informationen gibt, die eine reale Einschätzung ermöglichen. Das Desinteresse der Bürger ist wohl einzig und allein darauf zurückzuführen.

 

Die meisten Menschen, die durch einen falschen Verdacht belastet wurden, kamen und kommen nicht in Haft, deshalb ist die öffentliche Resonanz meistens nur sehr gering. Trotzdem haben sie oft die gleichen Probleme wie die Personen, die auf Grund eines falschen Verdachts inhaftiert wurden und manchmal sogar noch viel grössere. Deshalb warne ich vor laienhaften Vorverurteilungen und mahne schon an dieser Stelle die Medien besonders. Sie versuchen ja immer wieder den Eindruck zu erzeugen als seien sie die letzten Hüter von Recht und Freiheit. Was sie allerdings in solchen Fällen vielfach anrichten, das kommt jenen Erscheinungen sehr nahe, die in der Zeit der "Hexenverfolgung" abgelaufen sind.

 

Die folgenden Namen wurden wahllos aus einer sehr umfangreichen Liste herausgegriffen:

 

Horst Arnold, Jörg Kachelmann, Ralf Witte, Karl-Heinz Wulfhorst,

Harry Wörz, Klaus Pengel, Joachim Kalz, Monika De Montgazon,

Eduard Zimmermann, Peter Böttcher, Klaus-Dieter Overbeck,

Thomas Ewers, Fritz Kerler, Ulvi Kulac,

 Hermine Rupp und ihre beiden Töchter nebst dem Verlobten der einen Tochter,

und viele andere,

 

glaubten ganz sicher auch nicht, dass sie irgendwann Opfer eines falschen Verdachts werden könnten. Das dachten sie sicher bis zu der Sekunde, in der ihr Leben durch Fehler oder die Willkür dritter Personen abrupt gegen eine virtuelle Wand krachte.

 

Es sind nur ein paar Beispiele von unendlich vielen. Es sind alles Fälle, die öffentlich bekannt wurden. Ich gehe nach langen Jahren der Erforschung davon aus, dass (min.) 85 % aller Fälle nie bekannt werden. Die meisten Fälle bleiben schon deswegen unbekannt, weil es keine amtlichen Erhebungen darüber gibt wie oft Menschen durch einen falschen Verdacht geschädigt werden. Die Geschädigten schweigen regelmässig auch über ihre Erlebnisse bzw. haben keine Ansprechpartner. Sie haben bisher auch "keine gemeinsame Stimme", sie haben keine Lobby. Das will ich ändern.

 

Ich möchte hiermit auch alle Menschen ansprechen, die bisher von derartigen Erfahrungen verschont blieben. Im Falle eines Falles könnten die folgenden Informationen sehr nützlich sein. Viele Menschen glauben auch, dass ein falscher Verdacht nur dann Folgeprobleme entwickelt wenn die Betroffenen in U-Haft oder Strafhaft genommen werden. Auch das stimmt absolut nicht.

 

Allerdings hat das Thema "Falscher Verdacht" nicht nur im strafrechtlichen Bereich seine Brutstätten. Insbesondere in beamten- und arbeitsrechtlichen Verfahren spielt der falsche Verdacht eine ganz herausragende Rolle. Nicht unerwähnt bleiben dürfen auch die vielen Fälle, in denen in Trennungs- oder Scheidungsprozessen gezielt mit dem Mittel der falschen Verdächtigung agiert wird.

 

05. Falscher Verdacht - Das ist das Kernproblem

 

Ein falscher Verdacht kann durch viele verschiedene Umstände oder Einflüsse aufkeimen und zu schweren Folgen für die Betroffenen führen. Auf die vielfältigen Ursachen komme ich im weiteren Verlauf der Abhandlung zu sprechen.

 

Es geht hierbei aber konkret nur um die Frage: Hat jemand eine strafbare Handlung ausgeführt oder nicht.

 

Es geht hier nicht um die Frage ob sich jemand schuldig fühlt oder nicht. Das ist ein gewaltiger Unterschied.

 

Wenn eine Person tatsachenwidrig verdächtigt wird eine strafbare Handlung begangen zu haben, dann wird das regelmässig unter der Überschrift "Unschuldig unter Verdacht" oder "Unschuldig in Verdacht geraten" verbreitet. Diese Beschreibung ist im Prinzip völlig falsch.

 

Ein Verdacht entsteht entweder berechtigt oder unberechtigt.

Anders ausgedrückt:

Entweder erfolgte die Verdachtserhebung

 tatsachengerecht oder tatsachenwidrig.

 

Im Fall des unberechtigten Verdachts sollte man deshalb von einem "falschen Verdacht" oder  von einem "tatsachen- und rechtswidrig eingeleiteten Ermittlungsverfahren" reden und schreiben, nur das trifft den Kern der Sache.

 

06. Täter oder nicht Täter - statt - Schuldig oder Unschuldig 

 

Das ist die konkrete Frage, die sich in diesem Zusammenhang stellen muss, denn die Benutzung des Begriffs Schuld ist in der Form, in der sie allgemein gebraucht wird, letztlich irreführend. Die Schuld ist, neben der Tatbestandsmässigkeit und der Rechtswidrigkeit, das dritte Grundelement einer Straftat. Wer schuldunfähig ist kann deshalb trotzdem Täter sein, auch wenn er strafrechtlich nicht zur Verantwortung gezogen werden kann. Ich erwähne das nur, damit sich im Zweifelsfall niemand verhaspelt, wenn es wirklich um Details geht.

 

Wenn also der falsch Verdächtigte aussagt, "ich bin unschuldig", dann sitzt er prinzipiell schon zu 2/3 tief in der Tinte. Das würde nämlich bei präziser Wertung bedeuten er gibt die Tat zu, will aber damit ausdrücken, dass er im Zustand der Zurechnungs-Unfähigkeit gehandelt hat.

 

Insofern ist sogar der § 344 StGB zumindest teilweise ein Pannenkonstrukt. Diese strafrechtliche Norm existiert nämlich unter der Überschrift "Verfolgung Unschuldiger".

 

07. Also Täter oder kein Täter

 

Es geht hier um die Fälle, in denen Menschen nachweisbar unschuldig in den Verdacht gerieten, eine  Straftat begangen zu haben.

 

Ich bitte um Verständnis, dass ich mich auf der Website konkret nur mit den Fällen befassen kann, die definitiv sicher überprüfbar sind oder zumindest in einem so hohen Mass durch belastbare Indizien abgesichert sind, dass alle sachlich und juristisch begründbaren Zweifel weitgehend auszuschliessen sind. Grenzfälle, bei denen es z. B. um verminderte Zurechnungsfähigkeit oder um Fragen der Fahrlässigkeit geht, werde ich hier nur vereinzelt abhandeln.

 

Ansehen und analysieren ist aber eine andere Sache, das mache ich jederzeit, wenn der Betroffene willens und in der Lage ist, die Widersprüche aufzulisten und zu erklären was aus seiner Sicht falsch ist.

 

Leider kann das Thema "Täter oder nicht Täter" in seltenen Einzelfällen zum juristischen Minenfeld werden, weil auch nach langen und wiederholten kriminalwissenschaftlichen Untersuchungen nicht eindeutig geklärt werden kann, ob der Betroffene Täter ist oder nicht.

 

Diese Frage ist ohnehin ein zweischneidiges Schwert.

 

Weiter mit: Falscher Verdacht-Fehlurteil 2

 

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