Fortsetzung: 1

 

08. Die eine Seite und die andere Seite

 

Die Verfolgung Unschuldiger gehört zu den schwersten, gefährlichsten und folgenreichsten Fehlern, die durch staatliche Institutionen begangen werden können. Bereits die leichtfertige und undifferenzierte Verdachtserhebung kann schwere Folgen für die betroffenen Menschen nach sich ziehen, auch wenn das Verfahren bald eingestellt wird. Wenn dann noch eine grössere Öffentlichkeitswirkung hinzukommt werden regelmässig langfristige Schäden erzeugt, manchmal ist sogar die gesamte weitere  Lebensgestaltung für immer davon betroffen. Diese Folgen treten immer dann verstärkt ein, wenn die vorgeworfene Tat besonders heftige soziale Reaktionen hervorruft oder z. B. bestimmte Berufsgruppen betrifft.

 

Andererseits ist es wichtig die Täter zu bestrafen, die tatsächlich gegen Gesetze verstossen haben. Jeder einzelne Fall, in dem ein Straftäter ungeschoren davon kommt, hebelt die general-präventive Wirkung des Strafrechts ein wenig mehr aus. Je öfter ein Straftäter Vorteile aus einer Straftat ziehen kann, desto schwerwiegender werden sich die Folgen entwickeln. Viele Straftäter stufen ihre Tat dann als Erfolgsmodell ein und steigern das Mass ihrer kriminellen Energie im Regelfall auf den nächsten Level. Mehr als ausreichend Beispiele habe ich in der Praxis selbst erlebt.

 

Die Auswirkungen machen sich meistens leider erst mittel- bis langfristig bemerkbar und gefährden dann den Rechtsfrieden und das Sicherheitsgefühl im sozialen Umgang mit anderen Menschen ganz enorm. Dazu kommt der Ansehensverlust den der Rechtssaat erleidet wenn ersichtlich wird, dass Ermittlungs- und Verfahrensfehler dazu geführt haben, dass Straftäter der Strafe entgehen. Und man darf auch die hohen finanziellen Schäden und Verluste nicht vergessen, die Folgewirkungen von Straftaten sind.

 

Zur Vermeidung eines falschen Eindrucks will ich deshalb ausdrücklich darauf hinweisen, dass ich auf der anderen Seite auch alles daran gesetzt habe, jeden tatsächlichen Straftäter zu überführen, wenn das abgesichert möglich war. Unrecht entsteht nämlich auch dann, wenn echte Täter davon kommen.

 

09. Die Ursachen für falsche Verdächtigungen sind insgesamt sehr vielfältig

 

Es ist keinesfalls so, dass vorwiegend Fehler der Polizei, der Staatsanwaltschaft oder eines Gerichts dazu führen, dass ein falscher Verdacht erhoben und verfolgt wird. Meist liegt es daran, dass eine einzige Weiche falsch gestellt wird, dann läuft alles schief. Bei der Eisenbahn kriegen dann die Schrotthändler neues Material, im Rahmen der Strafrechtspflege werden Menschen "verschrottet".

 

  • Falsche Zeugenaussagen sind wahrscheinlich der häufigste Grund. Hierbei muss man unterscheiden ob sie mit absolutem Vorsatz, grob fahrlässig oder leichtfertig abgegeben werden.
  • Hiermit stehen viele Begriffe in Verbindung: Denunziation, Diskriminierung, Diffamierung, Diskreditierung, Hetze, Rufmord, Unterstellung, üble Nachrede, Verleumdung.
  • Zeugen sind ohnehin das schlechteste und mitunter gefährlichste Beweismittel überhaupt.
  • Wenn Zeugen auch gleichzeitig Geschädigte sind, dann muss man mehr als vorsichtig sein, vor allem dann, wenn es z.B. um Sexualstraftaten geht oder Körperverletzungsdelikte im häuslichen Bereich.
  • Zeugenaussagen können aber auch auf Umwegen fatale Wirkung erlangen. Wenn es zwischen dem vernehmenden Beamten und dem Zeugen zu "Verständnis- oder Verständigungsproblemen" kommt. Ich bin im Rahmen meiner Forschungen nebenbei auf eine erschreckende Tatsache gestossen: Das Sprach-Differenzierungs-Vermögen vieler Mitbürger schrumpft zusehends. Ich habe in unzähligen Situationen erlebt, dass ich selbst relativ einfache Begriffe aufwendig erläutern musste, damit die befragten Personen etwas damit anfangen konnten.
  • Besonders vorsichtig muss man z. B. auch bei Personen mit ausländischer Herkunft sein, sie sprechen zwar oft fast akzentfrei Deutsch, verstehen aber nur Alltagsbegriffe. Ausserdem gibt es sehr viele Verständnisprobleme auf Grund völlig unterschiedlicher kultureller Sichtweisen.
  • Zeugen entwickeln bei der Beobachtung aussergewöhnlicher Lebensvorgänge sehr oft eine extrem hohe Stresslast. Bei einer Befragung oder Vernehmung muss das stets berücksichtigt werden. Ich habe es in meiner aktiven Dienstzeit regelmässig erlebt, dass Zeugen häufig nur unbrauchbaren Informationsmüll produzierten, der u. U. nicht einmal annähernde Ähnlichkeit mit dem Tatgeschehen hatte. Je brisanter der beobachtete Vorgang - desto grösser war die Gefahr, dass ein überschäumendes Phantasiegespinst wiedergegeben wurde oder es kam zu einer erheblichen Wahrnehmungs- oder Wiedergabe-Blockade.
  • Zeugenbeeinflussung ist ein weiteres Thema. Nicht nur Kinder sind in diesem Zusammenhang zu erwähnen, auch Personen mit emotionalen oder mentalen Störungen spielen immer wieder eine Rolle bei der Entstehung eines falschen Verdachts.
  • Es gibt viele klassische Fehler bei Zeugenvernehmungen, wie z. B. Suggestivfragen,  "hinführen zu einer passenden Aussage", fehlende Prüfung auf Logik und Plausibilität der Detailangaben.
  • Das zweitgrösste Problem in diesem Zusammenhang sind aber oft die Vernehmer selbst: Polizeibeamte, Staatsanwälte und Richter. Viele können das einfach nicht, weder bei Zeugen noch bei Beschuldigten. Viele sind mental einfach zu unflexibel, machen ihre persönliche Lebensphilosophie zum Mass aller Dinge, sind engstirnig strukturiert,  vielfach verknöcherte Schmalspur-Moralisten und, wenn es ganz schlimm kommt, auch noch religiöse Eiferer (usw.). Kurz gesagt: Zu vielen Beamten und Richtern mangelt es an Neutralität.
  • Sehr häufig wird ihr Engagement ausschliesslich emotional gesteuert. Sie "verurteilen" Tatverdächtige von vornherein und überprüfen gar nicht, ob der Tatvorwurf mit den Ermittlungsergebnissen übereinstimmt. Statt, so wie es richtig wäre, alles durch sorgfältige und neutrale Analysen zu überprüfen. Ich habe genügend Polizeibeamte, Staatsanwälte und vor allem auch Richter erlebt, die auf ihrem "Sessel" einfach nichts zu suchen hatten. Ich Zweifelsfall kann ich diese Aussage auch mit Daten und Fakten gründlich untermauern.
  • Falsche Gutachten sind ein höchst brisantes Thema, es steht praktisch gleichauf mit falschen Zeugenaussagen. Inzwischen erkenne ich aber die Tendenz, dass falsche Gutachten bald den Spitzenplatz einnehmen könnten, weil inzwischen selbst zur Klärung von Alltagsfragen Sachverständige beauftragt werden.
  • Es gibt zwei wesentliche Motive die dazu führen, dass völlig sinnlose Gutachten in Auftrag gegeben werden: Polizeibeamte, Staatsanwälte und Strafrichter wollen Arbeit vermeiden. Aber viel wichtiger ist: Sie verstecken sich hinter den Gutachten. Sie wollen sich vielfach nur auf eiskaltem Weg der Verantwortung entziehen oder sie versuchen dadurch schwammige Indizienketten aufzupeppen, die sie auf Grund mangelnder Kompetenz, nicht ausreichendem Engagement oder wegen fehlender fachlicher Qualifikation nicht richtig auf die Reihe bekommen.
  • Das Thema Gutachten verursacht inzwischen eine unendlich tiefgreifende Erosion in unserem gesamten Rechtssystem, denn auch im Zivil-, Verwaltungs- und Sozialrecht herrschen in diesem Zusammenhang übelste Miss-Stände. Dieses Thema lässt vor allen Dingen erkennen, wie unfassbar gleichgültig mit dem angeblich so hohen Gut von Recht und Gerechtigkeit in Wirklichkeit umgegangen wird.
  • Aber glauben sie bitte nicht, dass die Kernprobleme immer durch gänzlich falsche Gutachten ausgelöst werden. Oftmals geht schon der Auftrag für das Gutachten am Thema vorbei, die angestrebten Ziele der Beweisführung sind oft praktisch utopisch.
  • Die Ergebnisse von Gutachten werden vielfach völlig sinnwidrig interpretiert. Sie werden häufig tatsachenfremd und gewaltsam in eine ohnehin brüchige Indizienkette gepresst und sehr oft mit dem richterlichen "Thorshammer" festgeklopft. Der § 261 StPO, "Freie Beweiswürdigung", macht das möglich.Was manche Richter darunter verstehen, das ist allerdings oft mehr als ungeheuerlich. In vielen Fällen bedeutet das nur Unabhängigkeit vom Sachverhalt, vom Gesetz, von den Tatsachen, von der Logik, von physikalischen, anatomischen, technischen und sonstigen unveränderlichen Gegebenheiten.
  • Ich werde das Thema Gutachter und Gutachten noch viel weiter zerlegen und detailliert untersuchen. Ein entsprechender Link wird bald eingefügt.
  • Das Thema Beweismittel drängt sich als nächster Programmpunkt geradezu auf. Die falsche Bewertung von Beweismitteln und die Konstruktion falscher oder völlig fehlerhafter Indizienketten führen nicht selten zu einem falschen Verdacht. Auch diese Fehlerquelle will ich an anderer Stelle noch genauer untersuchen.
  • Erwähnen muss ich auch noch das immer noch fortgesetzte "DNA-Desaster" und die anderen Risiken, die durch die vielen neuen technisch / wissenschaftliche Methoden entstehen. Es gibt immer noch Strafverfolger die glauben, der Fund von DNA sei ein Beweis an sich, auch wenn sie in der Wohnung gefunden wird, in der Betroffene wohnen. Ich habe schon vor 1980 erlebt, das Staatsanwälte und Richter das kriminalwissenschaftliche Instrumentarium, das von der Polizei meist blind beherrscht wird,  gar nicht richtig verstehen und prozessgerecht einordnen konnten. Sie waren allerdings zu überheblich, um zu fragen. Wenn ich eine derartige Situation feststellte, dann wurde ich selbst aktiv und habe auf geeignete Weise dafür gesorgt, dass kein Unglück geschehen konnte.
  • Das unkalkulierbare Auftreten von Doppelgängern oder ähnlich aussehenden Personen spielt auch immer wieder mal eine Rolle.
  • Wenn ein Verfahren aufs falsche Gleis geraten ist, dann wird es schnell kriminell. Es kann dann passieren, dass irgendwann alle Beteiligten erkennen, dass sie einem falschen Verdacht gefolgt sind, dennoch macht niemand auch nur den Versuch, die Lage zu bereinigen. Es kann dann sogar vorkommen, dass Beweismittel behörden-intern produziert werden,  um die Aufdeckung der Fehler zu verhindern. Betroffene, die in einen brisanten Fall involviert sind, der evtl. auch noch politische Hintergründe hat, stehen dann vor einer besonders dicken Mauer. Es gibt zu viele Beamte und Richter, die lassen lieber Urteile gegen Unschuldige rechtskräftig werden als einen Fehler zuzugeben.
  • Nicht selten wird ein falscher Verdacht gezielt auch als Kampfmittel eingesetzt, bei Konkurrenzkämpfen im beruflichen Bereich, im Zusammenhang mit Scheidungen oder Trennungen, zur Verdeckung vorangegangener rechtswidriger oder / und krimineller Handlungen. In Intrigen, die im Mischbereich zwischen behördlicher und parteipolitischer Korruption gebastelt werden, wird der falsche Verdacht vielfach so brachial eingesetzt, dass seine Wirkung, im übertragenen Sinn, mit einer "Wasserstoffbombe" verglichen werden kann.
  • Zur Vernichtung unbequemer Ermittler oder Zeugen, zur Ausschaltung politischer Gegner werden solche Intrigen über so viele Ecken Kanten und Ebenen geplant durchgezogen, dass jeder Billard-Spieler vor Neid erblassen würde. Wer ein solches Komplott aufdecken will, der muss sehr viel Geduld und Stehvermögen haben.

 

Diese Aufzählung ist nicht abschliessend.

 

Das unmittelbare "Behörden- oder Organisationsversagen also das Versagen ganzer Behörden und Gerichte, wie es von vielen Medien gerne in vielen bunten Farben gemalt wird, ist somit gar nicht der Regelfall.

 

In den Fällen, in denen Themen berührt werden, die gerade durch den jeweiligen politischen oder medialen "Mainstream" hochgepuscht worden sind, kommt das natürlich sehr verstärkt vor. Wenn konkrete politische Interessen berührt werden, das können oft nur Insider erkennen, dann ist das Organversagen die wesentliche oder sogar die alleinige Ursache. 

 

10. Trotz allem - Die Verantwortung für jedes Verfahren tragen die Behörden und Gerichte

 

Man darf diese beiden wichtigen Fragen aber niemals 1:1 gegeneinander aufwiegen, das ist der kürzeste Weg in die Katastrophe. Beamte und Richter, die sich einfach aus Bequemlichkeit für einen der beiden Wege entscheiden oder als "ferngesteuerte Weltretter" agieren, sind besonders im Bereich der Strafrechtspflege völlig fehl am Platz.

 

Beamte und Richter tragen letztendlich immer die Verantwortung, bis auf wenige Ausnahmefälle, wenn ein falscher Verdacht Folgen entwickelt. Auch wenn falsche Zeugenaussagen oder andere falsche oder gefälschte Beweismittel im Zentrum eines fehlgeleiteten Verfahrens stehen, bleibt die Verantwortung beim Staat und den zuständigen Organen. Der Grundsatz, "In dubio pro reo" (im Zweifelsfall für den Verdächtigen / Beschuldigten / Angeklagten), ist zwar nicht in der Verfassung verankert, er hat allerdings unmittelbare verfassungsrechtliche Wirkung. Er wird im deutschen Recht abgeleitet aus Art. 103 Absatz 2 GG, Art. 6 Absatz 2 EMRK sowie aus § 261 StPO.

 

Das Engagement muss gleichmässig verteilt werden, Unschuldige schützen, Schuldige überführen. Nur so kann der Rechtsfrieden gesichert werden. Er ist ein immens wichtiger Bestandteil für den Erhalt guter sozialer Bedingungen in einem Staat. Das geht auch, das weiss ich aus langer praktischer Erfahrung. Man muss sich nur jeden Tag neu daran erinnern was man tut, weshalb und für wen. Die Arbeit muss frei von emotionalen Einflüssen sein und stets ein absolut neutrales Fundament haben. Auch das geht, das habe ich stets bewiesen.

 

11. Wir müssen aber noch unterscheiden

 

Wer war schuld an dem falschen Verdacht? Waren es nur Fehler der Behörden, der Gerichte, eines Sachverständigen / Gutachters oder war es z. B. eine falsche Zeugenaussage, die einfach nicht mit gebotener Sorgfalt sachverhaltsbezogen analysiert wurde?

 

Zeugenaussagen im Zusammenhang mit Beziehungsdelikten, die allein die Grundlage eines Strafverfahrens waren, habe ich stets durch eine ganze Reihe immer feiner gestalteter Siebe und Filter geschickt. In allen Fällen, die ich bearbeitet habe, konnte niemand dieses Sperrwerk überwinden, der andere "aus Frust oder Rache in die Pfanne hauen wollte".

 

Ich habe eine ganz einfache Methode parat, die ich vom FBI übernommen und verfeinert habe: Die "Crime-Reconstruction" (Rekonstruktion des Tatablaufs) und die "Crime-Scene-Reconstruction" (Rekonstruktion des Verbrechens am Tatort). Das bedeutet, das Opfer musste den Tatablauf darstellen, nach Möglichkeit am echten Tatort und unter den gleichen Bedingungen. Im Prinzip könnte das jeder Polizeibeamte in Deutschland, das entsprechende kriminalwissenschaftliche Rüstzeug wird im Studium vermittelt.

 

Es gibt allerdings viel zu viele Beamte die zu faul oder zu arrogant sind, dieses Wissen in der Praxis zu nutzen.

 

Juristen, die nur das "normale" Jurastudium absolvierten, haben im Regelfall keine nennenswerte Ausbildung, die sie dazu befähigt, Falschaussagen (Lügen von Zeugen / Geschädigten) zu erkennen. Auch andere Details eines Sachverhalts, insbesondere komplizierte Indizienketten,  können sie nur mit dem "gesunden Menschenverstand" überprüfen, wenn er denn vorhanden ist…

 

12. Ein zentrales Problem ergibt sich auch noch aus folgender Tatsache:

 

Der Wert der juristischen Ausbildung wird allgemein völlig überschätzt. Dieser Fehleinschätzung erliegen auch viele Juristen selbst. Ich will das mal überspitzt ausdrücken: "Juristen, die ein Krankenhaus leiten, glauben irgendwann,  sie könnten auch Herzoperationen durchführen".

 

Warum haben Sie ausgerechnet Jura studiert?   

 

Zitat Johann Wolfgang von Goethe:

 

„Was ich studiere?

 

Zuvörderst die

Distinktionen (Unterscheidungen) und Subtilitäten (Spitzfindigkeiten),

wodurch man Recht und Unrecht einander ziemlich ähnlich gemacht hat;

das heißt, ich studiere auf einen Doktor beider Rechte.“

 

 

Psychologie, Soziologie, Sozialwissenschaften und vor allem die Kriminal-Wissenschaften (Kriminologie, Kriminalistik und Kriminaltechnik) gehören einfach nicht zu ihrer Ausbildung. Staatsanwälte, Richter und Rechtsanwälte haben davon grundsätzlich keine Ahnung. Bei vielen entwickelt sich nach vielen Jahren durch "Learning bei doing" (Lernen durch Erfahrung) ein rudimentärer Wissensstand, wenn sie dann ihren Beruf noch mit "voller Hingabe", so wie vom Beamten und Richterrecht gefordert, ausüben.

 

Deshalb sind die meisten Staatsanwälte und Richter auf Sachverständige angewiesen, wenn sie die Ermittlungsergebnisse der Polizei nicht ausreichend verstehen. Ausserdem ist es auch viel bequemer irgendwelchen Sachverständigen einen Auftrag zu erteilen, so kann man aufwendige Arbeit vermeiden  und sich völlig auf das Gutachten zu verlassen. Wenn es schief geht: "Ätsch, der Sachverständige war es!" Der Mist der dadurch erzeugt wird könnte alle Wüsten der Erde schlagartig in fruchtbares Ackerland verwandeln und würde noch für weitere Wüstenplaneten ausreichen.

 

Hinweis zur Vermeidung von Missinterpretationen: In sehr vielen Fällen ist die Einschaltung von Sachverständigen zwingend geboten. Das Wissen von Chemikern, Toxikologen, Biologen, Rechtsmedizinern oder Elektroingenieuren, Materialprüfern (z.B.) ist einfach unverzichtbar. Es muss allerdings sichergestellt sein, dass der Auftrag für das Gutachten so eindeutig formuliert ist, dass keine Missinterpretationen möglich sind. Vor allem muss aber sichergestellt sein, dass die Beamten und Richter, die das Gutachten als Beweis verwerten, die inhaltliche Bedeutung auch verstehen können. In dieser Hinsicht passieren die meisten Fehler, da viele Beamte und Richter sich nicht genügend Wissen aneignen, dass für das ausreichende Verständnis spezieller Gutachten unbedingt notwendig ist.

 

Aber was auch immer die Grundursache für einen Ermittlungs- oder Verfahrensfehler ist, die Behörden stehen und bleiben stets mindestens zu 51 % in der Verantwortung. Auch dann, wenn es durch falsche Zeugenaussagen, die zunächst plausibel erscheinen, zu einem falschen Verdacht kommt. Das gleiche gilt auch für Gutachten usw.

 

Es ist keinesfalls so, dass falsche Zeugenaussagen regelmässig vorsätzlich oder bedingt vorsätzlich erfolgen. Manchmal kann man ihnen nicht mal einfache Fahrlässigkeit vorwerfen, weil jeder andere Mensch unter den gegebenen Umständen zum gleichen Beobachtungsergebnis oder zur gleichen Schlussfolgerung gelangt wäre.

 

Zeugenaussagen sind aus kriminalwissenschaftlicher und juristischer Sicht einfach das schlechteste Beweismittel, das ist eine Tatsache. Deshalb ist es wichtig, jede Zeugenaussage zumindest auf Plausibilität zu überprüfen und festzustellen ob ein mögliches Motiv für eine falsche Aussage vorliegen könnte oder ob Anzeichen dafür vorhanden sind, dass die aussagende Person aus irgendeinem Grund den Tatsachen- und Wahrheitsgehalt der Angaben nicht objektiv begründen kann. Ganz besonders hellhörig werden muss man, wenn Sexualstraftaten angezeigt werden.

 

Es gibt darüber hinaus aber noch eine enorme Vielzahl von Motivlagen, in denen ein falscher Verdacht sogar zielgerichtet konstruiert wird und trotz vielfältiger klarer Gegenbeweise über mehrere Instanzen nicht beseitigt werden kann, wenn irgendwo ein Sachbearbeiter auch nur einen winzigen Fehler macht, wenn er befangen ist oder wenn ein Verfahrensergebnis gewünscht wird, das anderen Zwecken dienen soll als denen der rechtsstaatskonformen Strafrechtspflege.

 

Ein rasant zunehmendes Problem im Zusammenhang mit falscher Verdächtigung ergibt sich durch Aussagen von Menschen mit geistigen, seelischen oder psychischen Störungen, weil auch deren Zahl stark zunimmt. Potentielle Akteure kommen nicht nur aus dem Kreis jener Personen, bei denen Geisteskrankheiten oder Verhaltensstörungen evident diagnostiziert wurden. Es gibt immer häufiger auch Fälle, in denen eine manifeste Alkohol-, Drogen- oder Medikamentenabhängigkeit  dahinter steckt. Solche Fälle kann man allerdings recht einfach aufdecken, wenn man sorgfältig arbeitet und sich nicht selbst auf Grund mentaler oder psychischer Störungen im Zustand einer "Dauerpanne" befindet.

 

Es gibt aber schon lange eine zunehmende Zahl von Menschen, deren Störungspotential unterhalb dieser Schwelle abläuft. Sie fallen im Alltag regelmässig nicht gross auf,  weil durch die Gesellschaft inzwischen selbst schon schwerste pathologische Verhaltensabweichungen  einzelner Menschen oder Gruppen hingenommen werden.

 

Wobei zu bemerken ist, dass dieses Verhalten keineswegs Anzeichen für  Toleranz ist. Es ist eine Mischung aus komplett tiefgründiger Blödheit und Gleichgültigkeit, wenn grosse Teile der Bevölkerung Verhaltensweisen hinnehmen, die im Grunde nur immense Gefahren erzeugen und viele Schäden erzeugen. Sobald es irgendein ein "Freak" schafft irgendetwas als "Cool" zu klassifizieren, auch wenn es völlig abwegig, asozial und völlig sinnlos ist, finden sich haufenweise neue "Idiotenanwärter", die ihren gesunden Menschenverstand schlagartig über Bord werfen, nur um auch fortan als "Cool" zu gelten. Das Verhalten derart entgleister Individuen führt vielfach dazu, dass Straf-Verfahren plötzlich vollkommen aus dem Ruder laufen. Polizeibeamte, Staatsanwälte und Richter, die diese Parallelwelt nicht kennen und einschätzen können, haben nicht die geringste Chance ein Strafverfahren sachgerecht zu beenden.

 

Drogenkonsumenten spielen in diesem Zusammenhang natürlich auch eine ganz besondere Rolle, weil sie sich ja gezielt der Realität entziehen wollen. Gleiches gilt für Medikamenten- und Alkoholabhängige. Sie verfremden ihre Aussagen oft in Abhängigkeit von der "Wolkenfarbe", die gerade durch ihr geschädigtes Hirn zieht.

 

Weiterhin treten im Zusammenhang mit Falschaussagen / falscher Verdächtigung oft Personen in Erscheinung, die nur über eine (z. T. stark) eingeschränkte Wahrnehmungs- und Beurteilungsfähigkeit verfügen, obwohl keine geistige Störung (i.e.S.) oder ein Intelligenzdefizit vorliegt.

 

Infolge einseitiger Erziehung oder auf Grund vergleichbarer späterer dogmatischer Einflussnahme entsteht bei immer mehr Menschen eine totale "soziale Verblödung" (das ist nicht als Schimpfwort gedacht). Immer mehr Menschen verirren sich in unserer reizüberfluteten und fast schrankenlosen Welt. Kultur- und Werteverluste lösen Identitätskrisen aus, sie werden  orientierungslos und können sich in der realen Welt nicht mehr zurechtfinden. Sie suchen nach Halt und landen oft in den Armen irgendwelcher weltlichen oder religiösen Sektierer.

 

Ihr Denk- und Verhaltensschema verengt sich oft nach kurzer Zeit so sehr, dass sie fern jeglicher Realität leben. Aussagen von Personen aus diesem Spektrum sind vielfach völlig unbrauchbar, denn sie neigen regelmässig dazu, nunmehr ihr "neues Weltbild" als ausschliesslich gültige Messlatte für die Beurteilung aller Lebensvorgänge einzusetzen. Beim geringsten Verdacht, dass Zeugen / Geschädigte diesem Spektrum zuzurechnen sind, sollte man stets sehr tiefgründig nachfragen.

 

Die Palette von Personen, die man die man diesem realitätsfremden Spektrum zweifelsfrei zuordnen kann, ist sehr viel grösser als Sie wahrscheinlich annehmen.

 

Das gilt allerdings nicht nur für Zeugen und Geschädigte.

 

 

13. Befangene Beamte und Richter

 

Ich habe in der Praxis vielfach beobachten können, dass Beamte und Richter, die einseitig politisch oder religiös geprägt waren, oft vom neutralen Kurs abgewichen sind. Noch weitaus häufiger konnte ich allerdings paradoxe Reaktionen von Beamten und Richtern registrieren wenn in einem Fall das Thema "Sexualität" vorkam und sei es auch nur am Rande.

 

Ich konnte sehr häufig feststellen, dass ausgerechnet die Beamten und Richter, die allgemein durch eine extreme bis schon perverse Triebhaftigkeit auffielen, selbst das völlig normale Sexualverhalten anderer Menschen als "widerwärtig" einstuften. Wurde z. B. bei der Durchsuchung einer Wohnung ein Dildo entdeckt, dann wurde die darin lebende Frau sofort als "Sau" klassifiziert. Im Fall eines Mannes reichte oft ein Pornoheft dazu, den Besitzer als "Wichser" zu deklassifizieren.

 

Ein ganz besonderer Präzedenzfall, er liegt lange zurück. Ich wurde mit einigen meiner Mitarbeiter zur Unterstützung bei einer Durchsuchung angefordert. Die Wohnung eines Ehepaars um Mitte 40 sollte durchsucht werden.  Gegen beide hatte sich der äusserst vage Verdacht einer strafrechtlichen Verfehlung ergeben. In der Wohnung wurde nicht die Spur von Beweismitteln gefunden, die den Verdacht erhärten konnten bzw. als Hinweise auf andere Straftaten gaben. Beide waren auch bisher nie irgendwie strafrechtlich in Erscheinung getreten und völlig integer. Aber es wurde ein Dildo gefunden. Er befand sich in einer ungeöffneten Geschenkverpackung. Desgleichen ein Pornoheft, es war noch in Kunststoff-Folie verpackt. Anmerkung: Es ging auch nicht ansatzweise um eine Sexualstraftat. Mir verschlug es die Sprache als ich feststellte, wie abschätzig die Eheleute sofort nach diesem Fund behandelt wurden. Noch schlimmer waren allerdings die internen Reaktionen bei einer Besprechung mit einem Staatsanwalt und einem Richter. Es waren Personen dabei, auf die passte die Beschreibung, die ich im vorhergehenden Absatz erwähnte. In den meisten Fällen endeten solche Situationen damit, dass ein paar unpassende Floskeln fielen. In diesem Fall  mündete das aber in einer diskriminierenden und gefährlichen Legendenbildung. Da ist mir der Kragen geplatzt. Drei besonders üble Gestalten befinden sich seitdem vermutlich immer noch im Zustand der Schockstarre.

 

Die schwer gestörte Selbst- oder Eigenwahrnehmung bei Beamten und Richtern ist ein Problem, dass ich in erschreckend vielen Einzelfällen beobachten konnte. Ausserdem gelingt es vielen nicht ansatzweise, ihr persönliches Weltbild morgens zu Hause unter Dusche abzustreifen. Der Vollständigkeit halber will ich aber anfügen, dass ich diese Feststellungen aber auch in anderen Berufszweigen machen konnte, die unmittelbare Machtpositionen gegenüber anderen Menschen generieren. Das ist ein Thema an dem zahlreiche Lunten brennen.

 

Beamte und Richter, die ein Strafverfahren bearbeiten, müssen zumindest wissen, dass diese abweichenden Verhaltensweisen existieren, damit sie entsprechende Fehlinterpretationen erkennen und vermeiden können.

 

14. Die allgemeinen Folgen solcher Fälle

 

In den folgenden Jahren fand ich Hinweise dafür, dass sich der laxe Umgang mit den Folgen rechtswidriger Ermittlungsverfahren langsam aber sicher zu einer Komponente entwickeln wird, aus der  zusammen mit anderen kritischen Vorgängen im Staat ein enorm gefährlicher sozialer Sprengstoff werden könnte.

 

Zumindest das unmittelbare Umfeld der Betroffenen wird im Regelfall von vornherein über einen solchen Fall informiert sein. Auch in der Nachbarschaft, im Arbeitsumfeld, im Freundeskreis, in Vereinen  und sonstigen Gruppen, in denen man den Verdächtigen kennt, werden Informationen durchsickern. Auch ohne gezielte Propaganda wird demzufolge eine ziemliche grosse Zahl von Bürgern als "Kerninformation" erfahren, dass gegen eine ihnen bekannte Person ein Ermittlungsverfahren geführt wird, dass auf Grund eines zweifelhaften Verdachts entstanden ist.

 

Egal, wofür sich der informierte Personenkreis entscheidet, ob sie den Verdächtigen für schuldig oder unschuldig hält, die Gerüchteküche zieht weite Kreise. Stichproben ergaben, dass im Regelfall mindestens 100 Personen aus dem Umfeld Betroffener Kenntnis von dem Fall erhalten, im Fall von U-Haft mindestens 200 Personen. Wird der Fall in den lokalen Medien aufgegriffen, dann sind das schon tausende von Menschen, die darüber etwas hören. 

 

Was meinen Sie, was in der Gedankenwelt dieser Menschen am Ende haften bleibt?

 

Zunächst steigt die allgemeine Verunsicherung: Wem kann man trauen, wem nicht? Am tiefsten gräbt sich das Misstrauen gegenüber dem Staat und seinen Organen ein, wenngleich nach kurzer Zeit nur noch eine völlig undifferenzierte Gedankenmatrix übrig bleibt. Und genau das schadet dem Ansehen des Staates besonders. Wenn sich solche Fälle regelmässig wiederholen, verstärkt sich das bis hin zur offenen Ablehnung des Staates.

 

Wenn die Betroffenen dann auch noch auf den Kosten sitzenbleiben, die durch den Aufwand für ihre Rehabilitierung entstanden sind, was praktisch sogar der Regelfall ist, verstärken sich diese allgemeinen Auswirkungen. Wenn weitere Folgen hinzukommen, wie wirtschaftliche Schäden durch Arbeitsplatzverlust, Zerstörung von Familien oder die Insolvenz von Unternehmen, dann ergeben sich langwellige und sehr subtile Einflüsse, die an der Grundsubstanz unseres Staates knabbern.

 

Dadurch wird ein allgemeines Gefühl der Rechtsunsicherheit erzeugt, der Rechtsfrieden wird nachhaltig gestört und vor allem sinkt das Vertrauen in den Staat inzwischen teilweise in uferlose Abgründe.

 

Während der Staat und alle seine Institutionen die langsam aufquellenden Probleme ignorierten bzw. überhaupt nicht erkannten, reagierte die gesamte Palette staatsfeindlich eingestellter Agitatoren sehr früh.

 

Frustrierte Sonderlinge, Berufs-Querulanten, Verschwörungstheoretiker, Extremisten und sonstige ideologisch vergaloppierte Einzelpersonen und Gruppierungen kümmerten sich schon sehr bald um die Opfer falscher Verdächtigungen. Sie nutzten die Einzelfälle sehr subtil, indem sie daraus Beispiele für das "generell menschenfeindliche Agieren des Staates konstruierten". Bis Ende der 1980er Jahre besetzten vorwiegend links orientierte Gruppierungen das Thema, sie wollten sich dadurch weiteren Freiraum für ihre eigenen verfassungsfeindlichen Aktivitäten verschaffen.

 

Dadurch, dass schon seit Beginn der 1980er Jahre immer mehr linke Extremisten / Terroristen einen völligen Paradigmen-Wechsel vollzogen, landete das Know-how auch ohne Umschweife im rechts-extremistischen Bereich. Dort konnte man die Thematik aber weitaus besser verwenden, weil die Nähe zur Masse des Volkes unendlich viel grösser ist.

 

Richtigen Aufschwung bekam diese Strategie aber erst mit der massenhaften Nutzung des Internets. Trotzdem ignorieren alle politischen Institutionen und Behörden weiterhin die daraus resultierenden Gefahren beharrlich.

 

Im Untergrund hatte und hat dieses Thema aber noch andere Nutzer: Die Geheimdienste feindlich gesinnter Staaten, vorrangig das MfS / die HVA (DDR), aber auch der gesamte sowjetisch kontrollierte Block.  Inzwischen sind Russland und China eifrig involviert. Ich erwähne das aus gutem Grund schon im Vorspann, denn der Komplex "Falscher Verdacht" erzeugt ja nicht alleine "staatsgefährdende Giftstoffe".

 

Die Rechtsverwahrlosung findet ja nicht nur auf dem Gebiet des Strafrechts statt, es gibt überall brisante Themen. Zudem wird die Rechtsunsicherheit noch zunehmend durch den immer stärker werdenden Einfluss der EU verstärkt. Zusammen mit dem Rückbau sozialer Errungenschaften und der Kürzung der Renten (usw.) entwickelte sich inzwischen eine höchst brisante Gefahr für den unseren Staat.

 

Leider merken die politischen und behördlichen Verantwortlichen bis heute nicht, dass die Staats- und Politikverdrossenheit nicht durch eine von "Aliens" ausgesandte Staubwolke entstanden ist.

 

Weiter mit: Falscher Verdacht-Fehlurteil 3

 

 

 

 

 

 

Druckversion | Sitemap
© NETZWERKRECHTSSTAAT.DE - c/o Hans-Guenter Brasche, 2024 - Es darf alles kopiert und weitergegeben werden. Voraussetzung: Die Publikation der einzelnen Abschnitte, Texte oder Dossiers erfolgt ungekürzt, unverfälscht und unter deutlichem Hinweis auf mein Copyright. Kommerzielle Nutzung bedarf meiner ausdrücklichen schriftlichen Zustimmung.