Fortsetzung: 1
08. Die eine Seite und die andere Seite
Die Verfolgung Unschuldiger gehört zu den schwersten, gefährlichsten und folgenreichsten Fehlern, die durch staatliche Institutionen begangen werden können. Bereits die leichtfertige und undifferenzierte Verdachtserhebung kann schwere Folgen für die betroffenen Menschen nach sich ziehen, auch wenn das Verfahren bald eingestellt wird. Wenn dann noch eine grössere Öffentlichkeitswirkung hinzukommt werden regelmässig langfristige Schäden erzeugt, manchmal ist sogar die gesamte weitere Lebensgestaltung für immer davon betroffen. Diese Folgen treten immer dann verstärkt ein, wenn die vorgeworfene Tat besonders heftige soziale Reaktionen hervorruft oder z. B. bestimmte Berufsgruppen betrifft.
Andererseits ist es wichtig die Täter zu bestrafen, die tatsächlich gegen Gesetze verstossen haben. Jeder einzelne Fall, in dem ein Straftäter ungeschoren davon kommt, hebelt die general-präventive Wirkung des Strafrechts ein wenig mehr aus. Je öfter ein Straftäter Vorteile aus einer Straftat ziehen kann, desto schwerwiegender werden sich die Folgen entwickeln. Viele Straftäter stufen ihre Tat dann als Erfolgsmodell ein und steigern das Mass ihrer kriminellen Energie im Regelfall auf den nächsten Level. Mehr als ausreichend Beispiele habe ich in der Praxis selbst erlebt.
Die Auswirkungen machen sich meistens leider erst mittel- bis langfristig bemerkbar und gefährden dann den Rechtsfrieden und das Sicherheitsgefühl im sozialen Umgang mit anderen Menschen ganz enorm. Dazu kommt der Ansehensverlust den der Rechtssaat erleidet wenn ersichtlich wird, dass Ermittlungs- und Verfahrensfehler dazu geführt haben, dass Straftäter der Strafe entgehen. Und man darf auch die hohen finanziellen Schäden und Verluste nicht vergessen, die Folgewirkungen von Straftaten sind.
Zur Vermeidung eines falschen Eindrucks will ich deshalb ausdrücklich darauf hinweisen, dass ich auf der anderen Seite auch alles daran gesetzt habe, jeden tatsächlichen Straftäter zu überführen, wenn das abgesichert möglich war. Unrecht entsteht nämlich auch dann, wenn echte Täter davon kommen.
09. Die Ursachen für falsche Verdächtigungen sind insgesamt sehr vielfältig
Es ist keinesfalls so, dass vorwiegend Fehler der Polizei, der Staatsanwaltschaft oder eines Gerichts dazu führen, dass ein falscher Verdacht erhoben und verfolgt wird. Meist liegt es daran, dass eine einzige Weiche falsch gestellt wird, dann läuft alles schief. Bei der Eisenbahn kriegen dann die Schrotthändler neues Material, im Rahmen der Strafrechtspflege werden Menschen "verschrottet".
Diese Aufzählung ist nicht abschliessend.
Das unmittelbare "Behörden- oder Organisationsversagen also das Versagen ganzer Behörden und Gerichte, wie es von vielen Medien gerne in vielen bunten Farben gemalt wird, ist somit gar nicht der Regelfall.
In den Fällen, in denen Themen berührt werden, die gerade durch den jeweiligen politischen oder medialen "Mainstream" hochgepuscht worden sind, kommt das natürlich sehr verstärkt vor. Wenn konkrete politische Interessen berührt werden, das können oft nur Insider erkennen, dann ist das Organversagen die wesentliche oder sogar die alleinige Ursache.
10. Trotz allem - Die Verantwortung für jedes Verfahren tragen die Behörden und Gerichte
Man darf diese beiden wichtigen Fragen aber niemals 1:1 gegeneinander aufwiegen, das ist der kürzeste Weg in die Katastrophe. Beamte und Richter, die sich einfach aus Bequemlichkeit für einen der beiden Wege entscheiden oder als "ferngesteuerte Weltretter" agieren, sind besonders im Bereich der Strafrechtspflege völlig fehl am Platz.
Beamte und Richter tragen letztendlich immer die Verantwortung, bis auf wenige Ausnahmefälle, wenn ein falscher Verdacht Folgen entwickelt. Auch wenn falsche Zeugenaussagen oder andere falsche oder gefälschte Beweismittel im Zentrum eines fehlgeleiteten Verfahrens stehen, bleibt die Verantwortung beim Staat und den zuständigen Organen. Der Grundsatz, "In dubio pro reo" (im Zweifelsfall für den Verdächtigen / Beschuldigten / Angeklagten), ist zwar nicht in der Verfassung verankert, er hat allerdings unmittelbare verfassungsrechtliche Wirkung. Er wird im deutschen Recht abgeleitet aus Art. 103 Absatz 2 GG, Art. 6 Absatz 2 EMRK sowie aus § 261 StPO.
Das Engagement muss gleichmässig verteilt werden, Unschuldige schützen, Schuldige überführen. Nur so kann der Rechtsfrieden gesichert werden. Er ist ein immens wichtiger Bestandteil für den Erhalt guter sozialer Bedingungen in einem Staat. Das geht auch, das weiss ich aus langer praktischer Erfahrung. Man muss sich nur jeden Tag neu daran erinnern was man tut, weshalb und für wen. Die Arbeit muss frei von emotionalen Einflüssen sein und stets ein absolut neutrales Fundament haben. Auch das geht, das habe ich stets bewiesen.
11. Wir müssen aber noch unterscheiden
Wer war schuld an dem falschen Verdacht? Waren es nur Fehler der Behörden, der Gerichte, eines Sachverständigen / Gutachters oder war es z. B. eine falsche Zeugenaussage, die einfach nicht mit gebotener Sorgfalt sachverhaltsbezogen analysiert wurde?
Zeugenaussagen im Zusammenhang mit Beziehungsdelikten, die allein die Grundlage eines Strafverfahrens waren, habe ich stets durch eine ganze Reihe immer feiner gestalteter Siebe und Filter geschickt. In allen Fällen, die ich bearbeitet habe, konnte niemand dieses Sperrwerk überwinden, der andere "aus Frust oder Rache in die Pfanne hauen wollte".
Ich habe eine ganz einfache Methode parat, die ich vom FBI übernommen und verfeinert habe: Die "Crime-Reconstruction" (Rekonstruktion des Tatablaufs) und die "Crime-Scene-Reconstruction" (Rekonstruktion des Verbrechens am Tatort). Das bedeutet, das Opfer musste den Tatablauf darstellen, nach Möglichkeit am echten Tatort und unter den gleichen Bedingungen. Im Prinzip könnte das jeder Polizeibeamte in Deutschland, das entsprechende kriminalwissenschaftliche Rüstzeug wird im Studium vermittelt.
Es gibt allerdings viel zu viele Beamte die zu faul oder zu arrogant sind, dieses Wissen in der Praxis zu nutzen.
Juristen, die nur das "normale" Jurastudium absolvierten, haben im Regelfall keine nennenswerte Ausbildung, die sie dazu befähigt, Falschaussagen (Lügen von Zeugen / Geschädigten) zu erkennen. Auch andere Details eines Sachverhalts, insbesondere komplizierte Indizienketten, können sie nur mit dem "gesunden Menschenverstand" überprüfen, wenn er denn vorhanden ist…
12. Ein zentrales Problem ergibt sich auch noch aus folgender Tatsache:
Der Wert der juristischen Ausbildung wird allgemein völlig überschätzt. Dieser Fehleinschätzung erliegen auch viele Juristen selbst. Ich will das mal überspitzt ausdrücken: "Juristen, die ein Krankenhaus leiten, glauben irgendwann, sie könnten auch Herzoperationen durchführen".
Warum haben Sie ausgerechnet Jura studiert?
Zitat Johann Wolfgang von Goethe:
„Was ich studiere?
Zuvörderst die
Distinktionen (Unterscheidungen) und Subtilitäten (Spitzfindigkeiten),
wodurch man Recht und Unrecht einander ziemlich ähnlich gemacht hat;
das heißt, ich studiere auf einen Doktor beider Rechte.“
Psychologie, Soziologie, Sozialwissenschaften und vor allem die Kriminal-Wissenschaften (Kriminologie, Kriminalistik und Kriminaltechnik) gehören einfach nicht zu ihrer Ausbildung. Staatsanwälte, Richter und Rechtsanwälte haben davon grundsätzlich keine Ahnung. Bei vielen entwickelt sich nach vielen Jahren durch "Learning bei doing" (Lernen durch Erfahrung) ein rudimentärer Wissensstand, wenn sie dann ihren Beruf noch mit "voller Hingabe", so wie vom Beamten und Richterrecht gefordert, ausüben.
Deshalb sind die meisten Staatsanwälte und Richter auf Sachverständige angewiesen, wenn sie die Ermittlungsergebnisse der Polizei nicht ausreichend verstehen. Ausserdem ist es auch viel bequemer irgendwelchen Sachverständigen einen Auftrag zu erteilen, so kann man aufwendige Arbeit vermeiden und sich völlig auf das Gutachten zu verlassen. Wenn es schief geht: "Ätsch, der Sachverständige war es!" Der Mist der dadurch erzeugt wird könnte alle Wüsten der Erde schlagartig in fruchtbares Ackerland verwandeln und würde noch für weitere Wüstenplaneten ausreichen.
Hinweis zur Vermeidung von Missinterpretationen: In sehr vielen Fällen ist die Einschaltung von Sachverständigen zwingend geboten. Das Wissen von Chemikern, Toxikologen, Biologen, Rechtsmedizinern oder Elektroingenieuren, Materialprüfern (z.B.) ist einfach unverzichtbar. Es muss allerdings sichergestellt sein, dass der Auftrag für das Gutachten so eindeutig formuliert ist, dass keine Missinterpretationen möglich sind. Vor allem muss aber sichergestellt sein, dass die Beamten und Richter, die das Gutachten als Beweis verwerten, die inhaltliche Bedeutung auch verstehen können. In dieser Hinsicht passieren die meisten Fehler, da viele Beamte und Richter sich nicht genügend Wissen aneignen, dass für das ausreichende Verständnis spezieller Gutachten unbedingt notwendig ist.
Aber was auch immer die Grundursache für einen Ermittlungs- oder Verfahrensfehler ist, die Behörden stehen und bleiben stets mindestens zu 51 % in der Verantwortung. Auch dann, wenn es durch falsche Zeugenaussagen, die zunächst plausibel erscheinen, zu einem falschen Verdacht kommt. Das gleiche gilt auch für Gutachten usw.
Es ist keinesfalls so, dass falsche Zeugenaussagen regelmässig vorsätzlich oder bedingt vorsätzlich erfolgen. Manchmal kann man ihnen nicht mal einfache Fahrlässigkeit vorwerfen, weil jeder andere Mensch unter den gegebenen Umständen zum gleichen Beobachtungsergebnis oder zur gleichen Schlussfolgerung gelangt wäre.
Zeugenaussagen sind aus kriminalwissenschaftlicher und juristischer Sicht einfach das schlechteste Beweismittel, das ist eine Tatsache. Deshalb ist es wichtig, jede Zeugenaussage zumindest auf Plausibilität zu überprüfen und festzustellen ob ein mögliches Motiv für eine falsche Aussage vorliegen könnte oder ob Anzeichen dafür vorhanden sind, dass die aussagende Person aus irgendeinem Grund den Tatsachen- und Wahrheitsgehalt der Angaben nicht objektiv begründen kann. Ganz besonders hellhörig werden muss man, wenn Sexualstraftaten angezeigt werden.
Es gibt darüber hinaus aber noch eine enorme Vielzahl von Motivlagen, in denen ein falscher Verdacht sogar zielgerichtet konstruiert wird und trotz vielfältiger klarer Gegenbeweise über mehrere Instanzen nicht beseitigt werden kann, wenn irgendwo ein Sachbearbeiter auch nur einen winzigen Fehler macht, wenn er befangen ist oder wenn ein Verfahrensergebnis gewünscht wird, das anderen Zwecken dienen soll als denen der rechtsstaatskonformen Strafrechtspflege.
Ein rasant zunehmendes Problem im Zusammenhang mit falscher Verdächtigung ergibt sich durch Aussagen von Menschen mit geistigen, seelischen oder psychischen Störungen, weil auch deren Zahl stark zunimmt. Potentielle Akteure kommen nicht nur aus dem Kreis jener Personen, bei denen Geisteskrankheiten oder Verhaltensstörungen evident diagnostiziert wurden. Es gibt immer häufiger auch Fälle, in denen eine manifeste Alkohol-, Drogen- oder Medikamentenabhängigkeit dahinter steckt. Solche Fälle kann man allerdings recht einfach aufdecken, wenn man sorgfältig arbeitet und sich nicht selbst auf Grund mentaler oder psychischer Störungen im Zustand einer "Dauerpanne" befindet.
Es gibt aber schon lange eine zunehmende Zahl von Menschen, deren Störungspotential unterhalb dieser Schwelle abläuft. Sie fallen im Alltag regelmässig nicht gross auf, weil durch die Gesellschaft inzwischen selbst schon schwerste pathologische Verhaltensabweichungen einzelner Menschen oder Gruppen hingenommen werden.
Wobei zu bemerken ist, dass dieses Verhalten keineswegs Anzeichen für Toleranz ist. Es ist eine Mischung aus komplett tiefgründiger Blödheit und Gleichgültigkeit, wenn grosse Teile der Bevölkerung Verhaltensweisen hinnehmen, die im Grunde nur immense Gefahren erzeugen und viele Schäden erzeugen. Sobald es irgendein ein "Freak" schafft irgendetwas als "Cool" zu klassifizieren, auch wenn es völlig abwegig, asozial und völlig sinnlos ist, finden sich haufenweise neue "Idiotenanwärter", die ihren gesunden Menschenverstand schlagartig über Bord werfen, nur um auch fortan als "Cool" zu gelten. Das Verhalten derart entgleister Individuen führt vielfach dazu, dass Straf-Verfahren plötzlich vollkommen aus dem Ruder laufen. Polizeibeamte, Staatsanwälte und Richter, die diese Parallelwelt nicht kennen und einschätzen können, haben nicht die geringste Chance ein Strafverfahren sachgerecht zu beenden.
Drogenkonsumenten spielen in diesem Zusammenhang natürlich auch eine ganz besondere Rolle, weil sie sich ja gezielt der Realität entziehen wollen. Gleiches gilt für Medikamenten- und Alkoholabhängige. Sie verfremden ihre Aussagen oft in Abhängigkeit von der "Wolkenfarbe", die gerade durch ihr geschädigtes Hirn zieht.
Weiterhin treten im Zusammenhang mit Falschaussagen / falscher Verdächtigung oft Personen in Erscheinung, die nur über eine (z. T. stark) eingeschränkte Wahrnehmungs- und Beurteilungsfähigkeit verfügen, obwohl keine geistige Störung (i.e.S.) oder ein Intelligenzdefizit vorliegt.
Infolge einseitiger Erziehung oder auf Grund vergleichbarer späterer dogmatischer Einflussnahme entsteht bei immer mehr Menschen eine totale "soziale Verblödung" (das ist nicht als Schimpfwort gedacht). Immer mehr Menschen verirren sich in unserer reizüberfluteten und fast schrankenlosen Welt. Kultur- und Werteverluste lösen Identitätskrisen aus, sie werden orientierungslos und können sich in der realen Welt nicht mehr zurechtfinden. Sie suchen nach Halt und landen oft in den Armen irgendwelcher weltlichen oder religiösen Sektierer.
Ihr Denk- und Verhaltensschema verengt sich oft nach kurzer Zeit so sehr, dass sie fern jeglicher Realität leben. Aussagen von Personen aus diesem Spektrum sind vielfach völlig unbrauchbar, denn sie neigen regelmässig dazu, nunmehr ihr "neues Weltbild" als ausschliesslich gültige Messlatte für die Beurteilung aller Lebensvorgänge einzusetzen. Beim geringsten Verdacht, dass Zeugen / Geschädigte diesem Spektrum zuzurechnen sind, sollte man stets sehr tiefgründig nachfragen.
Die Palette von Personen, die man die man diesem realitätsfremden Spektrum zweifelsfrei zuordnen kann, ist sehr viel grösser als Sie wahrscheinlich annehmen.
Das gilt allerdings nicht nur für Zeugen und Geschädigte.
13. Befangene Beamte und Richter
Ich habe in der Praxis vielfach beobachten können, dass Beamte und Richter, die einseitig politisch oder religiös geprägt waren, oft vom neutralen Kurs abgewichen sind. Noch weitaus häufiger konnte ich allerdings paradoxe Reaktionen von Beamten und Richtern registrieren wenn in einem Fall das Thema "Sexualität" vorkam und sei es auch nur am Rande.
Ich konnte sehr häufig feststellen, dass ausgerechnet die Beamten und Richter, die allgemein durch eine extreme bis schon perverse Triebhaftigkeit auffielen, selbst das völlig normale Sexualverhalten anderer Menschen als "widerwärtig" einstuften. Wurde z. B. bei der Durchsuchung einer Wohnung ein Dildo entdeckt, dann wurde die darin lebende Frau sofort als "Sau" klassifiziert. Im Fall eines Mannes reichte oft ein Pornoheft dazu, den Besitzer als "Wichser" zu deklassifizieren.
Ein ganz besonderer Präzedenzfall, er liegt lange zurück. Ich wurde mit einigen meiner Mitarbeiter zur Unterstützung bei einer Durchsuchung angefordert. Die Wohnung eines Ehepaars um Mitte 40 sollte durchsucht werden. Gegen beide hatte sich der äusserst vage Verdacht einer strafrechtlichen Verfehlung ergeben. In der Wohnung wurde nicht die Spur von Beweismitteln gefunden, die den Verdacht erhärten konnten bzw. als Hinweise auf andere Straftaten gaben. Beide waren auch bisher nie irgendwie strafrechtlich in Erscheinung getreten und völlig integer. Aber es wurde ein Dildo gefunden. Er befand sich in einer ungeöffneten Geschenkverpackung. Desgleichen ein Pornoheft, es war noch in Kunststoff-Folie verpackt. Anmerkung: Es ging auch nicht ansatzweise um eine Sexualstraftat. Mir verschlug es die Sprache als ich feststellte, wie abschätzig die Eheleute sofort nach diesem Fund behandelt wurden. Noch schlimmer waren allerdings die internen Reaktionen bei einer Besprechung mit einem Staatsanwalt und einem Richter. Es waren Personen dabei, auf die passte die Beschreibung, die ich im vorhergehenden Absatz erwähnte. In den meisten Fällen endeten solche Situationen damit, dass ein paar unpassende Floskeln fielen. In diesem Fall mündete das aber in einer diskriminierenden und gefährlichen Legendenbildung. Da ist mir der Kragen geplatzt. Drei besonders üble Gestalten befinden sich seitdem vermutlich immer noch im Zustand der Schockstarre.
Die schwer gestörte Selbst- oder Eigenwahrnehmung bei Beamten und Richtern ist ein Problem, dass ich in erschreckend vielen Einzelfällen beobachten konnte. Ausserdem gelingt es vielen nicht ansatzweise, ihr persönliches Weltbild morgens zu Hause unter Dusche abzustreifen. Der Vollständigkeit halber will ich aber anfügen, dass ich diese Feststellungen aber auch in anderen Berufszweigen machen konnte, die unmittelbare Machtpositionen gegenüber anderen Menschen generieren. Das ist ein Thema an dem zahlreiche Lunten brennen.
Beamte und Richter, die ein Strafverfahren bearbeiten, müssen zumindest wissen, dass diese abweichenden Verhaltensweisen existieren, damit sie entsprechende Fehlinterpretationen erkennen und vermeiden können.
14. Die allgemeinen Folgen solcher Fälle
In den folgenden Jahren fand ich Hinweise dafür, dass sich der laxe Umgang mit den Folgen rechtswidriger Ermittlungsverfahren langsam aber sicher zu einer Komponente entwickeln wird, aus der zusammen mit anderen kritischen Vorgängen im Staat ein enorm gefährlicher sozialer Sprengstoff werden könnte.
Zumindest das unmittelbare Umfeld der Betroffenen wird im Regelfall von vornherein über einen solchen Fall informiert sein. Auch in der Nachbarschaft, im Arbeitsumfeld, im Freundeskreis, in Vereinen und sonstigen Gruppen, in denen man den Verdächtigen kennt, werden Informationen durchsickern. Auch ohne gezielte Propaganda wird demzufolge eine ziemliche grosse Zahl von Bürgern als "Kerninformation" erfahren, dass gegen eine ihnen bekannte Person ein Ermittlungsverfahren geführt wird, dass auf Grund eines zweifelhaften Verdachts entstanden ist.
Egal, wofür sich der informierte Personenkreis entscheidet, ob sie den Verdächtigen für schuldig oder unschuldig hält, die Gerüchteküche zieht weite Kreise. Stichproben ergaben, dass im Regelfall mindestens 100 Personen aus dem Umfeld Betroffener Kenntnis von dem Fall erhalten, im Fall von U-Haft mindestens 200 Personen. Wird der Fall in den lokalen Medien aufgegriffen, dann sind das schon tausende von Menschen, die darüber etwas hören.
Was meinen Sie, was in der Gedankenwelt dieser Menschen am Ende haften bleibt?
Zunächst steigt die allgemeine Verunsicherung: Wem kann man trauen, wem nicht? Am tiefsten gräbt sich das Misstrauen gegenüber dem Staat und seinen Organen ein, wenngleich nach kurzer Zeit nur noch eine völlig undifferenzierte Gedankenmatrix übrig bleibt. Und genau das schadet dem Ansehen des Staates besonders. Wenn sich solche Fälle regelmässig wiederholen, verstärkt sich das bis hin zur offenen Ablehnung des Staates.
Wenn die Betroffenen dann auch noch auf den Kosten sitzenbleiben, die durch den Aufwand für ihre Rehabilitierung entstanden sind, was praktisch sogar der Regelfall ist, verstärken sich diese allgemeinen Auswirkungen. Wenn weitere Folgen hinzukommen, wie wirtschaftliche Schäden durch Arbeitsplatzverlust, Zerstörung von Familien oder die Insolvenz von Unternehmen, dann ergeben sich langwellige und sehr subtile Einflüsse, die an der Grundsubstanz unseres Staates knabbern.
Dadurch wird ein allgemeines Gefühl der Rechtsunsicherheit erzeugt, der Rechtsfrieden wird nachhaltig gestört und vor allem sinkt das Vertrauen in den Staat inzwischen teilweise in uferlose Abgründe.
Während der Staat und alle seine Institutionen die langsam aufquellenden Probleme ignorierten bzw. überhaupt nicht erkannten, reagierte die gesamte Palette staatsfeindlich eingestellter Agitatoren sehr früh.
Frustrierte Sonderlinge, Berufs-Querulanten, Verschwörungstheoretiker, Extremisten und sonstige ideologisch vergaloppierte Einzelpersonen und Gruppierungen kümmerten sich schon sehr bald um die Opfer falscher Verdächtigungen. Sie nutzten die Einzelfälle sehr subtil, indem sie daraus Beispiele für das "generell menschenfeindliche Agieren des Staates konstruierten". Bis Ende der 1980er Jahre besetzten vorwiegend links orientierte Gruppierungen das Thema, sie wollten sich dadurch weiteren Freiraum für ihre eigenen verfassungsfeindlichen Aktivitäten verschaffen.
Dadurch, dass schon seit Beginn der 1980er Jahre immer mehr linke Extremisten / Terroristen einen völligen Paradigmen-Wechsel vollzogen, landete das Know-how auch ohne Umschweife im rechts-extremistischen Bereich. Dort konnte man die Thematik aber weitaus besser verwenden, weil die Nähe zur Masse des Volkes unendlich viel grösser ist.
Richtigen Aufschwung bekam diese Strategie aber erst mit der massenhaften Nutzung des Internets. Trotzdem ignorieren alle politischen Institutionen und Behörden weiterhin die daraus resultierenden Gefahren beharrlich.
Im Untergrund hatte und hat dieses Thema aber noch andere Nutzer: Die Geheimdienste feindlich gesinnter Staaten, vorrangig das MfS / die HVA (DDR), aber auch der gesamte sowjetisch kontrollierte Block. Inzwischen sind Russland und China eifrig involviert. Ich erwähne das aus gutem Grund schon im Vorspann, denn der Komplex "Falscher Verdacht" erzeugt ja nicht alleine "staatsgefährdende Giftstoffe".
Die Rechtsverwahrlosung findet ja nicht nur auf dem Gebiet des Strafrechts statt, es gibt überall brisante Themen. Zudem wird die Rechtsunsicherheit noch zunehmend durch den immer stärker werdenden Einfluss der EU verstärkt. Zusammen mit dem Rückbau sozialer Errungenschaften und der Kürzung der Renten (usw.) entwickelte sich inzwischen eine höchst brisante Gefahr für den unseren Staat.
Leider merken die politischen und behördlichen Verantwortlichen bis heute nicht, dass die Staats- und Politikverdrossenheit nicht durch eine von "Aliens" ausgesandte Staubwolke entstanden ist.
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